Sport Porsche 919 Hybrid letztes Ziel Zuffenhausen Porsche 919 Hybrid fährt von Weissach...

Porsche 919 Hybrid letztes Ziel Zuffenhausen Porsche 919 Hybrid fährt von Weissach ins Porsche Museum

89
Porsche 919 Hybrid Evo vorn, 919 Hybrid (2017) auf dem Weg in Porsche Museum © Porsche
Porsche 919 Hybrid Evo vorn, 919 Hybrid (2017) auf dem Weg in Porsche Museum © Porsche
Werbung

Dreimaliger Le-Mans-Siegerwagen erstmals im deutschen Straßenverkehr

Konvoi der Extraklasse: Am heutigen Donnerstagmorgen zog der Porsche 919 Hybrid standesgemäß ins Porsche Museum ein. Eskortiert von Begleitfahrzeugen und mit behördlicher Genehmigung, überführten Mark Webber und Marc Lieb zwei Exemplare des erfolgreichen Le-Mans-Prototyps vom Entwicklungszentrum Weissach zum Porsche Museum nach Zuffenhausen.

25 Kilometer legten sie von der Porschestraße 911 zum Porscheplatz 1 zurück – mit zusammen über 2000 PS im öffentlichen Straßenverkehr. Teil der Willkommensveranstaltung im Museum war eine Lesung von Dietmar Wunder, auch Synchronstimme von Daniel Craig alias James Bond 007. Er las aus dem Buch „Legendary – Das Porsche 919 Hybrid Projekt“, das im Dezember erscheint.

Mark Webber (42, Australien) saß am Steuer des 919 Evo mit einer Systemleistung von 1160 PS. Der Evo ist jene ultimative Ausbaustufe des Rennwagens, mit dem Neel Jani im April 2018 in Spa-Francorchamps den Qualifyingrekord der Formel 1 knackte und mit dem Timo Bernhard im Juni einen absoluten Streckenrekord auf der Nürburgring-Nordschleife aufstellte. Webber, neunmaliger Formel-1-Grand-Prix-Sieger und 2015 mit dem Porsche 919 Hybrid Langstreckenweltmeister, sagte: „Es war verrückt und faszinierend, dieses Biest im Rahmen der Straßenverkehrsordnung zu bewegen. Es ist typisch Porsche, so etwas Cooles zu wagen und vor allem zu beherrschen. Ich verbinde sehr viel mit dem 919 und den Einsätzen in der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft. Es war mir eine Ehre, den 919 Evo heimzubringen.“

Marc Lieb (38) steuerte den zweiten Porsche 919 Hybrid in der Konfiguration aus der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). „Diese Fahrt heute war für Porsche, den 919 und für mich persönlich ein sehr schöner Abschluss“, freute sich der gebürtige Stuttgarter – 2016 Le-Mans-Gesamtsieger und Weltmeister mit dem 919. „Ich fahre Teile der Strecke von meinem Wohnort Ludwigsburg in mein Büro in Weissach jeden Tag mit einem Cayenne. Dabei werde ich mich fortan immer an die einzigartige Perspektive aus der tiefen Sitzposition des 919 erinnern.“

Porsche 919 Hybrid Evo, Porsche Museum © Porsche
Porsche 919 Hybrid Evo, Porsche Museum © Porsche

Fritz Enzinger, Leiter LMP1, übergab die Fahrzeuge an Achim Stejskal, den Direktor des Porsche Museums. „Ich möchte mich ausdrücklich bei den Behörden dafür bedanken, dass sie unserem 919 diese letzte Dienstfahrt ermöglicht haben“, betonte Enzinger. „Für das gesamte Team ist der Einzug ins Museum der krönende Abschluss einer außergewöhnlichen Ära. Von 2015 bis 2017 drei Le-Mans-Gesamtsiege in Folge sowie insgesamt sechs Weltmeistertitel plus 2018 die gelungenen Rekordfahrten in Spa und auf der Nordschleife – mehr geht nicht. Danke an den Vorstand sowie die Familien Porsche und Piëch für ihren großartigen Rückhalt. Das neue Buch ‚Legendary’ sowie der dazu erhältliche Bildband zeigen alle Erlebnisse und Leistungen der LMP1-Teams noch einmal auf. Das bedeutet mir sehr viel.“

Teamchef Andreas Seidl zeigte sich gleichfalls zufrieden: „Wir konnten mit dem Projekt 919 Hybrid neue Technologiefelder für Porsche erschließen und aufzeigen, welche Performance in moderner Hybridisierung steckt. Ultimativ ist uns das mit den Rekorden des 919 Evo auf der ‚Tribute Tour’ 2018 gelungen. Dafür gilt unseren Partnern mein besonderer Dank. Ohne sie hätten wir dieses Programm nicht finanzieren können. Mit den letzten Kilometern über öffentliche Straßen liegt das LMP1-Projekt nun hinter uns, und wir schlagen neue Seiten auf: In der Serie wie im Motorsport stellt sich Porsche jetzt den Herausforderungen der reinen E-Mobilität. Die Resonanz auf unseren Formel-E-Einstieg Ende 2019 ist extrem positiv. Das gibt uns zusätzliche Motivation, in neue Grenzbereiche vorzustoßen.“

Die Geschichte:
2011 beschloss der Porsche-Vorstand, mit einem Klasse-1-Prototyp in die Langstrecken-Weltmeisterschaft und nach Le Mans zurückzukehren. Anlass war ein revolutionäres technisches Reglement, das ab 2014 Hybridisierung verlangte, die Umsetzung aber völlig freistellte. Das Regelwerk roch nach relevanten Innovationen – ein Duft, der das Unternehmen von jeher anzieht. Schon Ferry Porsche hielt den Leistungsdruck des Motorsports für den besten Entwicklungsbeschleuniger. Die Marke ist mit dem Mythos Le Mans so eng verwoben wie kein anderer Hersteller. Der damals letzte Gesamtsieg datierte von 1998 und drohte zu verblassen.

Auf einem weißen Blatt Papier entstand ein Rennwagen ohne Vorbild, mit dem Porsche gegen die erfahreneren Marken Audi und Toyota antrat. In Weissach existierten 2011 weder ein Team noch die nötige Infrastruktur. Technische Entwicklung, Bauvorhaben, Personal-Rekrutierung – alles musste parallel geschehen. Es gab Rückschläge und Zweifel; dramatische Ereignisse mit einem brutalen Unfall und dem ersten Sieg innerhalb weniger Minuten.

Der unter schwierigen Bedingungen entstandene Porsche 919 Hybrid wurde zum Rekordsieger. Seit 2017 stehen nach dem dritten Erfolg in Serie 19 Le-Mans-Gesamtsiege für Porsche zu Buche, außerdem je drei Weltmeistertitel für Fahrer und Hersteller. Die erfolgreichen Rekordjagden 2018 machten den 919 endgültig zur Legende. Allein das YouTube-Video von Timo Bernhards Nordschleifenrunde wurde drei Millionen Mal angeklickt.

Die Technik:
Der Porsche 919 Hybrid war ein rollendes Versuchslabor für Zukunftstechnologien von Porsche. Er generierte im WM-Einsatz rund 900 PS (662 kW) Systemleistung aus einem kompakten Zweiliter-V4-Turbobenziner (knapp 500 PS/368 kW) in Kombination mit zwei verschiedenen Rückgewinnungssystemen – Bremsenergie von der Vorderachse und Abgasenergie. Während der Verbrenner die Hinterachse antrieb, wirkte beim Boosten ein E-Motor mit über 400 PS (294 kW) an der Vorderachse. Als Zwischenspeicher für den aus Brems- und Abgasenergie gewonnenen elektrischen Strom diente eine flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie. Vor allem die 800-Volt-Spannung des Systems leistete Pionierarbeit für die ab 2019 erhältlichen rein elektrisch fahrenden Sportwagen von Porsche.

Für die Rekorde brechende Evo-Version blieb die Hardware des Antriebsstrangs unangetastet, wurde jedoch von Reglement-Restriktionen befreit: Jetzt durfte der 919 zeigen, was ohne Limitierung von Energie aus Kraftstoff und Rückgewinnungssystemen möglich ist. Allein durch Software-Updates – und unter Beibehaltung des üblichen Kraftstoffs mit 20 Prozent Bioethanol-Anteil – wuchs die Leistungsausbeute auf 1160 PS. Alles, was für eine einzelne schnelle Runde entbehrlich war, wurde ausgebaut. So speckte der Evo um 39 auf 849 Kilogramm ab. Eine aktive Aerodynamik, ein radindividuelles Brake-by-Wire-System sowie – angesichts des extremen Anpressdrucks – Fahrwerksverstärkungen und spezielle Reifen von Michelin trugen ihren Teil zur Performance bei.

Werbung